Workshop mit Carlos Martínez am 29.02.2020
Auch die beiden Workshops von Carlos Martínez am Samstag, dem 29.02., der eine morgens mit über 30 interessierten Erwachsenen fast schon überfüllt, der andere nachmittags mit 16 Jugendlichen ebenfalls gut ausgelastet, erwiesen sich für die Teilnehmer als sehr lehrreich und zugleich immer wieder erheiternd. Mit seinem offenen Lächeln, seiner ruhigen Art, seiner in Jahrzehnten geschulten Körperbeherrschung und den vielen eingeflochtenen pantomimischen Einlagen versteht es Carlos Martínez, auch ungeschminkt und im nahen Dialog das Publikum in seinen Bann zu ziehen.
„Körpersprache“ hieß das Thema in beiden Praxisseminaren, in deren einführendem Teil Carlos Martínez die unbewusste und nahezu überall gleiche Körpersprache der Menschen von den regional verschiedenen und stärker bewussten Zeichensprachen sowie von der Kunst der Pantomime abgrenzte. Die Pantomime erfordert Training der Bewegung und Sorgfalt bei der Darstellung, wie die Jugendlichen lernten, denn sie will über die Phantasie z. B. Gegenstände sichtbar machen – ein Wasserglas darf also nicht nur fiktiv aus dem Schrank genommen und dann vergessen werden, sondern muss auch wieder zurück in den Schrank. Körperregungen, die seine eigenen Gefühle zeigen, darf der Pantomime nicht zulassen, denn sein Ziel ist es, die Seele des Zuschauers über dessen Phantasie und Erheiterung zu erreichen. Bei den Erwachsenen stand die Abgrenzung von den Zeichensprachen stärker im Vordergrund. Die Handbewegung, die in Polen die gute Qualität eines Essens unterstreicht, bedeutet in Spanien „Du bekommst gleich eine Ohrfeige“, und der Missionar, der Eingeborenen mit einem Fingerzeig nach oben und einem Münzzeichen veranschaulichen wollte, dass aller Segen von Gott kommt, vermittelte die Botschaft „Flugzeuge sind teuer“.
Beides sind Sprachen des Körpers ohne Worte, die bewusst eingesetzt werden. Körpersprache im engeren Sinn sind unbewusste Körperregungen, welche ungewollt z.B. Emotionen preisgeben oder Lügen entlarven. Dem Ziel, nicht nur die eigenen Körpersignale besser zu verstehen, sondern auch über die Körpersignale von Mitmenschen einen Zugang zu diesen zu bekommen, dienten die Praxisübungen in Gruppen. Eine bestand darin, dass zwei Leute sich Fragen zu einem dritten in ihrer Mitte beantworten sollten, ohne dass dieser sich äußern durfte - aber meist die Antwort durch eine Körperreaktion preisgab. Eine andere verlangte, fiktive Linien im Raum überschreiten und dabei jeweils den Körperausdruck von Freude in Angst, in Zorn, in Traurigkeit und wieder in Freude verwandeln. An ihr veranschaulichte Carlos Martínez die vier Grundhaltungen der Seele und damit des Körpers. Und was wir auch lernten – wenn wir jemanden nach dem Gottesdienst ansprechen und dieser beim Gespräch einen Fuß zur Seite richtet, ist er in Gedanken schon woanders.
Henryk Kellermann